Luca-App vorgestellt: Vorteile, Nachteile & Kritik

30. April 2021 | 12:12 Uhr | Stefan Maus
Luca-App

Immer mehr Landkreise und Gesundheitsämter in Deutschland vernetzen sich mit der Luca-App. Die App soll die Kontaktverfolgung vereinfachen und den Zugang zu gastronomischen Betrieben, Geschäften und Kulturstätten wieder ermöglichen. Das Programm stand in letzter Zeit wegen Sicherheitslücken und einem fragwürdigen Finanzierungsmodell der Luca-App in massiver Kritik. Ich habe mir die Funktionsweise, Vorteile und die Nachteile der App angesehen und werde Ihnen im Folgenden davon berichten. Ich hoffe, ich kann Ihnen so die Entscheidung erleichtern, sich für oder gegen die App zu entscheiden.

Die Funktionsweise der Luca-App

Die Luca-App kann kostenlos im Google Play Store und im Apple App Store heruntergeladen werden. Zur Nutzung der App müssen Sie sich zunächst mit Ihrem Namen, Ihren Kontaktdaten und einer verifizierten Telefonnummer auf Ihrem Smartphone registrieren. Alle weiteren Funktionen laufen über die Erstellung und das Scannen von QR-Codes.

Bisher ist es so, dass Sie bspw. beim Friseur ein negativen Testergebnis benötigen und sich dort mit Ihren Kontaktdaten in eine Gästeliste eintragen müssen. Mit Hilfe der Luca-App fällt letzteres weg, da Sie nur noch einen QR-Code des jeweiligen Betreibers scannen müssen. Jetzt sind Sie automatisch auf den Ort registriert. Über die Funktion Geofencing melden Sie sich automatisch ab, wenn Sie den Bereich wieder verlassen. Sie können die Funktion auch ausstellen, müssen sich dann allerdings manuell abmelden.

Die Luca-App hilft Ihnen auch bei der Kontaktverfolgung im privaten Bereich. Sie können selbst einen QR-Code erstellen, welchen Ihre Freunde/Familie nur noch scannen müssen. Danach ist der Kontakt registriert und kann bei einer Infektion deutlich leichter ermittelt werden. Luca empfiehlt diese Funktion vor allem bei sogenannten Cluster-Treffen. Also Orte wie das Großraumbüro, Meeting-Räume, Familientreffen o.ä., bei denen erwiesenermaßen das Infektionsgeschehen stärker auftritt als bspw. an der frischen Luft.

Die Daten werden komplett anonym erfasst und nur im Falle einer Infektion, vom Gesundheitsamt (und nur vom Gesundheitsamt) ausgelesen, um die Kontaktverfolgung zu ermöglichen.

Die Vorteile der Luca-App

Mit Hilfe der Luca-App entfällt das Eintragen in Gästelisten theoretisch komplett. Bei konsequentem Einsatz kann auch im privaten Bereich eine Großzahl der Kontakte erfasst und nachverfolgt werden. Der eigene QR-Code ändert sich minütlich. So wird gewährleistet, dass die Registrierung und Kontaktverfolgung anonym verläuft und die Daten nicht anhand eines spezifischen QR-Codes zuordnet.

Da wir mittlerweile sehr viel testen und deutlich mehr Neuinfektionen entdecken, ist die App eine große Chance. Mit Ihr wird schnell, zuverlässig und anonym jede Kontaktperson ermittelt und benachrichtigt. Gerade im privaten Bereich ist dies eine gute Option. Durch die Erstellung eines Kontakttagebuchs mit der App ist es deutlich leichter die Personen zu ermitteln. Durch die anonyme Datenübermittlung entfällt auch die Gefahr, dass Menschen, die wissentlich gegen die Maßnahmen verstoßen, absichtlich nicht alle Kontaktpersonen angeben. Sie müssen keine Angst vor Strafverfolgung, aufgrund des Infektionsschutzgesetzes, haben.

Wenn Sie sich zur selben Zeit, wie eine positiv getestete Person, an einem Ort aufgehalten haben benachrichtigt Sie das zuständige Gesundheitsamt über die App. So wissen Sie sofort, dass Sie sich isolieren und testen lassen müssen. So können Sie die Gefahr vorbeugen andere Menschen anzustecken. Deinstallieren Sie die App in der Zwischenzeit, benachrichtigt man Sie per SMS. So stellt die Luca-App sicher, dass sie jede Kontaktperson frühzeitig informiert.

Nachteile der Luca-App

Ein Nachteil der App sind die bestehenden Sicherheitsbedenken und die Möglichkeit die App auszutricksen. So hat bspw. der Satire-Comedian Jan Böhmermann ein Foto eines QR-Codes des Osnabrücker Zoos getwittert und dazu aufgerufen diesen einzuscannen. Am Ende waren über hundert Nutzer, die meisten unter falschen Namen, im Zoo eingeloggt. Das Problem ist hierbei zum einen, dass das Foto eines QR-Codes zum Registrieren reicht, zum anderen, dass Orte nur als generelle Bereiche gesehen werden.

Das heißt bei einer Infektion bspw. im Zoo, benachrichtigt die App alle Personen, die zur gleichen Zeit da waren. Das Gesundheitsamt fordert Sie dann auf, sich zu isolieren und zu testen. Dies macht in Großraumbüros, Meetingräumen und evtl. auch Konzerthallen durchaus Sinn. Bei weitläufigen Orten, wie Zoos und Museen ist es allerdings  unsinnig. Dies wird zu einer Reihe an Fehlalarmen führen und damit eingehend vermutlich auch die Akzeptanz der App verschlechtern.

Sinnvoll wäre es bei weitläufigen Geländen, gerade bei geringer Infektionsgefahr  (draußen, große Räume, gute Durchlüftung etc.), diese in kleinere Bereiche einzuteilen. Sie müsste sich  innerhalb eines Ortes mehrfach mit einem QR-Code registrieren. Dafür könnte die tatsächliche Infektionsgefahr allerdings deutlich besser und genauer nachvollzogen werden. Dadurch könnte man zwangsläufig auch die Anzahl an Falschmeldungen bzw. blinden Alarmen deutlich reduzieren.

Kein Smartphone – kein Luca

Ein weiterer Nachteil der App ist die Benachteiligung aller Menschen, die kein Smartphone besitzen oder die App aus anderen Gründen nicht nutzen können. Aus diesem Grund produziert Luca Schlüsselanhänger mit QR-Codes. Mit diesen können sie sich, anstatt des Smartphones, registrieren. Ein großer Nachteil der Schlüsselanhänger ist, dass der Code sich nicht verändert. So besteht die Möglichkeit, sich mit dem Foto des QR-Codes eines Schlüsselanhängers als eine fremde Person auszugeben und zu registrieren. Ein weiteres Problem war, dass mit Hilfe des QR-Codes ganz einfach die Bewegungshistorie überprüft werden konnte. Dieses Problem wurde mittlerweile behoben. Dennoch warnt das Unternehmen davor Bilder von QR-Codes zu teilen.

Kritik an der Finanzierung

Ein weiterer Punkt, der weniger ein Nachteil der App, als ein Fragezeichen an unsere Regierung ist, ist das dubiose Finanzierungsmodell der App. Der gängige Weg der Finanzierung solcher Programme erfolgt nach dem Prinzip „pay as you grow“ (Software-as-a-Service (SaaS)). Das heißt der Großteil der Zahlung erfolgt, wenn der Service tatsächlich genutzt wird. Im Falle der Luca-App wurde das Unternehmen bereits innerhalb weniger Monate mit mehr als 20 Millionen Euro von diversen Bundesländern unterstützt. Luca selbst achtet beim Einkauf von IT-Dienstleistungen konsequent auf dieses Modell. Daher ist es ärgerlich, dass die Regierungen, vieler Bundesländer, die Steuergelder, zum Kauf der Lizenzen, mit einer Sorglosigkeit weitergeben, die schon fast unverständlich ist.

Der Vorteil des SaaS-Modells ist, dass sich das Risiko gleichmäßig auf Käufer und Verkäufer verteilt. Normalerweise muss eine App erst die richtige Qualität, Sicherheitsvorkehrungen und Mehrwert für die Nutzer haben. Dann beteiligen sich genügend Nutzer und so bekommen auch die Betreiber genügend Geld. Im Falle der Luca-App ist das gesamte Risiko auf den Käufer umgeschichtet worden. Da die Investitionen bereits getätigt wurden, wäre jetzt das profitabelste für die Firma, wenn die App floppen würde. Umso weniger Leute die App nutzen, desto weniger Leistungen muss die Luca-App  erbringen und umso weniger Geld für die Erbringung der Leistungen ausgegeben.

In der Regel wird bei jeder Verkaufsverhandlung nach Kundenreferenzen und abgeschlossen Projekten gefragt. Da das Unternehmen ein Start-Up ist, welches erst 2020 entstanden ist, ist es nicht verwunderlich, dass entsprechende Referenzen noch fehlen. Umso fragwürdiger ist es da, warum einem Unternehmen, welches bisher wenig vorzuweisen hat, so blind mit den Geldern der Steuerzahler vertraut wird.

Kein Vertrauen in das eigene Produkt

Ein weiterer Grund für das SaaS-Modell ist das Vertrauen des Verkäufers in sein eigenes Produkt. Wenn ein Produkt erst eine gewisse Anzahl an Nutzern haben muss, damit es profitabel ist, dann ist davon auszugehen, dass der Hersteller selbst von seinem Produkt überzeugt ist. Stellen Sie sich vor Sie lassen bspw. einen Gärtner oder Maurer zu Ihnen kommen und dieser verlangt von Ihnen seine kompletten Kosten/Lohn im Voraus zu zahlen. Ich zumindest hätte ein ungutes Gefühl und würde befürchten, dass der Arbeiter stümperhaft arbeitet und nicht von seiner eigenen Arbeit überzeugt ist. Normalerweise ermöglicht man bei solchen Finanzierungsmodellen zumindest längere Erprobungszeiträume, die i.d.R. kostenlos sind. Zumindest öffentlich sind bisher keine solcher Vereinbarungen bekannt.

Luca hat den Quellcode für die App mittlerweile veröffentlicht. Das heißt, dass auch andere Programmierer und Firmen Einblick darin haben, wie die App programmiert wurde. Dies ist wichtig damit klar ist, wie  die Luca-App Daten verarbeitet/speichert und welche Sicherheitsvorkehrungen das Unternehmen trifft.

Mein Fazit zur Luca-App

Wir testen zurzeit viel und die Impfungen gehen in den nächsten Wochen hoffentlich  schneller voran. In Folge werden hoffentlich auch die Infektionszahlen in den nächsten Wochen schneller fallen. Ich denke die Luca-App kann dann eine gute Chance sein unser aller Leben wieder ein wenig zurück zur Normalität zu bringen. Wenn Geschäfte, Gastronomie und Kultur wieder öffnen können, könnte die Luca-App ein wichtiger Bestandteil der Kontaktverfolgung sein. Es geht schnell, ist anonym und vereinfacht gerade im privaten Bereich die Übersicht über Ihre Kontakte.

Es gibt noch einige Sicherheitslücken die zu schließen sind. Luca muss die Möglichkeit verhindern, sich über ein Foto eines QR-Codes, fälschlich zu registrieren. Zumindest die Kontakthistorie kann nicht mehr ausgelesen werden. Viele Experten haben noch große Sicherheitsbedenken seit der Veröffentlichung des Quellcodes. Hier ist wohl noch einiges an Potenzial.

Bezüglich dem Finanzierungsmodell kann man dem Unternehmen eigentlich keinen Vorwurf machen. Hier steht eher die Politik in der Frage, wieso sie so viele Steuergelder in die Entwicklung der App eines Start-Ups investieren. Dazu muss man  sagen, dass die Corona-Warn-App, welche bereits auf über 25 Mio. Geräten installiert ist, die Funktion der QR-Codes ebenfalls am 16. April integrierte.

Der einzige Unterschied zur Luca-App ist, dass die Corona-Warn-App nicht an die Gesundheitsämter angebunden ist. Sie müssen sich auch nicht mit Ihrem Namen/Kontaktdaten registrieren. Die App informiert Sie trotzdem im Falle eines Kontaktes. Da die Benachrichtigung nicht durch das Gesundheitsamt erfolgt, besteht hier die Gefahr, dass Personen die Quarantäne-/Testempfehlung ignorieren. Dies kann bei der Luca-App nicht passieren, da es eine Anordnung vom Gesundheitsamt ist. So kann auch nur die Luca-App die Gästelisten bei Gastronomie, oder Kultur ablösen.

Stefan Maus

WI Communication Maus, Wiesbaden

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